Vom 30. September bis 2. Oktober findet in Hazeltine, Minnesota der Ryder Cup statt. In Deutschland überträgt der Bezahlfernsehsender „Sky Sport“ exklusiv das größte Golfspektakel der Welt. Mit dabei ist u.a. der beste deutsche Golfer Martin Kaymer. Sie sollten sich diese drei außergewöhnlichen Golftage nicht entgehen lassen.
Viele Golffans würden vor die Wahl gestellt, eine Fußball-WM oder einen Ryder Cup erleben zu dürfen, immer dem Kontinentalvergleich zwischen den USA und Europa den Vorzug geben. Und 2016 verspricht ein besonders aufregender Wettkampf zu werden. Denn die USA, traditionell Heimat der besten Golfer der Welt, zieht bei diesem Team-Wettbewerb zumeist den Kürzeren. Noch heute erinnern sich die Europäer mit Begeisterung an den Thriller 2012, als die zwölf Europäer einen schier uneinholbaren Rückstand wettmachen konnten und die Amerikaner auf eigenem Boden in Medinah bei Chicago schlagen konnen.
Seit 1995 gewannen die USA trotz Superstars wie Tiger Woods, Phil Mickelson, Bubba Watson, Jim Furyk oder Jordan Spieth nur zwei der letzten zehn Vergleiche.
Hier eine Vorschau auf das Ryder Cup-Special in der demnächst erscheinenden Ausgabe von „GOLF TIME“, die unsere Mitglieder kostenlos zugeschickt bekommen (ein Exemplar pro Haushalt) bzw. die auch im Clubhaus zur Mitnahme bereit liegt: Zum Siegen verdammt
Seit 1995 gewannen die Superstars aus den USA nur zwei von zehn Ryder Cup-Begegnungen. Eine weitere Niederlage beim Heimspiel in Hazeltine könnte die Begeisterung für den Wettbewerb nachhaltig beschädigen .
Von Götz Schmiedehausen
Make America great again – wäre dies nicht die Parole des rechtspopulistischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump, würde der Slogan auch treffend als Wahlspruch für das Ryder Cup-Team der USA funktionieren. Dabei ist Amerika doch zumindest was Profigolf angeht, schon heute ziemlich „great“. Seit dem letzten Ryder Cup 2014 gewannen amerikanische Spieler fünf von acht möglichen Major-Titeln und mit Jordan Spieth sowie Dustin Johnson spielen der zweit- bzw. drittbeste Golfer der Welt für Team USA. Doch die Vergangenheit hat uns wiederholt gelehrt, dass im Ryder Cup ganz andere Gesetzmäßgkeiten gelten. Denn abgesehen von 2014 hätte Team USA aufgrund der Papierform eigentlich nie etwas anderes als hochüberlegene Siege produzieren dürfen, denn die durchschnittliche Weltranglistenposition war nicht selten mehr als doppelt so gut wie des Gegners. Trotzdem verlor Amerika acht der letzten zehn Kontinentalvergleiche. Nur 1999 und 2008 wurde die nun schon über 20 Jahre andauernde Alleinherrschaft der „Blauen“ unterbrochen – jeweils bei Heimspielen der USA.
2016 findet der Ryder Cup in Hazeltine, Minnesota statt, auf einer der großen, amerikanischen Golfbühnen. Und diese 41. Auflage beinhaltet genug Potential für ein ganz großes Drama, das vom 30. September bis 2. Oktober zur Aufführung kommen könnte. Denn bei Team USA ist sprichwörtlich „Dampf unter dem Kessel“.
Vor allem nach der „Mutter aller Niederlagen“ beim Ryder Cup 2012 in Medinah herrschte kollektive Ratlosigkeit im roten Lager, die jedoch vorerst kein Umdenken auslöste, ganz im Gegenteil. Mit der Ernennung des 63jährigen Tom Watson zum Kapitän für Gleneagles 2014 bekam das volle Ausmaß der Hilf- und Planlosigkeit der PGA of America stoffliche Form. Basierend auf dem schlichten Gedanken „Tom hat 1993 den letzten Auswärtssieg eingefahren“ setzte man alle Hoffnungen auf die lebende Golflegene – 21 Jahre nach dessen letzten Engagement. Schnell zeigte sich, dass sich die Uhren im Kopf des achtfachen Majorsiegers schon lange stillstehen und anstelle von einstigen Führungsqualitäten herrschte altersstarrsinnige Beratungsresistenz vor. Von den modernen Erfolgsstrategien eines Paul Azinger, der 2008 in Abstimmung mit den Führungsspielern Team-Cluster bildete, die optimal harmonierten, wollte Watson nichts wissen. Losgelöst vom eigenen Team werkelte der Senior lieber im stillen Kämmerlein vor sich hin und traf hinsichtlich der Aufstellung bei den Vierball-Wettbewerben entsprechend katastrophale Entscheidungen. Die Schuld an den verlorenen Punkten wälzte er auf seine Spieler ab. Im Beisein ihrer Begleiterinnen und Caddies brüskierte er die zwölf gestandenen PGA Tour-Stars erst durch das Zurückweisen eines Team-Geschenks und erstickte im Anschluss mit einer Wutrede, in der er die Spieler als „miserabel“ bezeichnete, auch den letzten Rest an Teamgeist im Keim.
Nur wenige Wochen nachdem Europa erneut den Sieg feiern konnte, wurde in den USA eilig eine Ryder Cup Task Force ins Leben gerufen. Mit zwei Jahren Vorlauf sollte sie dafür sorgen, dass 2016 endlich wieder die Farbe Rot auf dem Leaderboard dominiert. Neben drei Offiziellen der PGA of America gehörten die Ex-Kapitäne Davis Love III (2012), Tom Lehman (2006) und Raymond Floyd (1989) sowie Tiger Woods, Phil Mickelson, Steve Stricker, Jim Furyk und Rickie Fowler zu diesem Arbeitskreis. Schnell spaltete das Gremium die Golffachwelt. Warum wurde Paul Azinger als einziger siegreicher Kapitän im 21. Jahrhundert nicht wenigstens eingebunden oder besser noch, gleich zum Kapitän ernannt? Auch Fred Couples, der immerhin drei Presidents Cup-Siege als Kapitän vorweisen kann und sich bei den Spielern großer Beliebtheit erfreut, blieb außen vor. Stattdessen einigte sich die illustre Runde erneut auf Davis Love III und ernannte ausgerechnet den Mann zum Kapitän, der sinnbildlich für die dunkelste Ryder Cup-Stunde der USA steht. Seine ersten Amtshandlungen bestanden aus der Vorgabe, an den Vormittagen die Foursomes spielen lassen und die Anzahl der Wild Cards von zwei auf vier zu erhöhen. Die Namen der vom Kapitän ins Team berufenen Spieler will Love allerdings erst am 11. (drei Picks) bzw. am 25. September bekanntgeben. Als großen Coup wurde die Ernennung von Tiger Woods zum Vizekapitän gefeiert. „Tiger ist vor allem an den strategischen Aspekten interessiert“, schwärmt Love vom langzeitverletzten Superstar. „Er wird mit mir das Team durch passende Wild Card-Picks abrunden bzw. kleine Gruppen auswählen und aus diesen die möglichen Paarungen zusammenstellen. Mehr als jeder andere ist Tiger unser Taktiker.”
Wenig überraschend setzt Love also auf das von Paul Azinger entwickelte Cluster-System, um bei den Vierball-Partien maximale Effektivität zu generieren. Es wäre jedenfalls kurios, wenn es ausgerechnet dem Prototyp des einsamen Wolfs Tiger Woods gelingt, die Chemie von zwölf Einzelkämpfern richtig anzumischen, um wahren Teamgeist zu destillieren.
Mit derlei grundlegenden Neuausrichtungen muss sich der Titelverteidiger nicht herumschlagen. Kapitän Darren Clarke verfügt mit Olympiasieger Justin Rose, Open-Champion Henrik Stenson, Masters-Gewinner Danny Willett oder Landsmann Rory McIlroy über vier Trumpf-Asse und kann zudem auf eine traditionell verschworene Einheit vertrauen. Die vom allseits beliebten Nordiren berufenen Vize-Kapitäne machen ebenfalls den Anschein einer Idealbesetzung. Mit Thomas Bjørn, Padraig Harrington, Paul Lawrie und Ian Poulter stehen Clarke vier aktive Tourspieler und Veteranen zahlreicher Ryder Cup-Schlachten zur Seite, die als Spieler die jüngste Erfolgs-Ära mitgeprägt haben. Als fünften Helfer berief Clarke Sam Torrance, der 2002 als Kapitän siegreich war.
Derlei geballte Ryder Cup-Kompetenz wird auch dringend benötigt, denn in Europa vollzieht sich ein rasanter Generationenwechsel. Darren Clarke muss mit Danny Willett, Chris Woods, Matthew Fitzpatrick Andy Sullivan und Rafael Cabrera-Bello fünf Frischlinge ins Team integrieren, die sich allesamt direkt qualifizieren konnten.
„Kein Team möchte mehr als fünf Rookies haben“, erklärte Colin Montgomerie im Juli, der sich beim Ryder Cup 2010 selbst mit sechs Neulingen konfrontiert sah. Um nicht zuviel „Frischfleisch“ integrieren zu müssen, gab Kapitän Darren Clarke den altgedienten Haudegen Lee Westwood und Martin Kaymer trotz anhaltender Formkrise eine Wild Card, während er den aktuell formstärksten Rookie Russell Knox aus Schottland, aktuelle immerhin Rang 20 der Weltrangliste, zu Hause ließ. Dafür nahm der Nordire den Belgier Thomas Pieters mit ins Team, der im August das Turnier „Made in Denmark“ gewinnen konnte.
Auf Seiten der USA spielte sich mit Brooks Koepka nur ein Rookie direkt ins Team. In der abschließenden Qualifikationsrangliste belegen mit J.B. Holmes, Bubba Watson, Matt Kuchar und Rickie Fowler vier gestandene Ryder Cup-Spieler die Plätze neun bis zwölf. Love müsste gute Gründe haben, um dieses Quartett bei den Wild Cards zu ignorieren.
Fazit: Europa könnte eine Niederlage nach drei Siegen in Folge sicherlich verschmerzen. Für die USA hingegen wäre alles andere als ein Sieg eine Katastrophe. Wer nun jedoch glaubt, Darren Clarke könnte seinem guten Freund Davis Love eine weitere Niederlage ersparen und diesen Ryder Cup in aller Stille abschenken wollen, befindet sich auf dem Holzweg. Clarke brennt auf den Sieg. Schon 2014 wollte er unbedingt Kapitän werden und opfert dafür sogar seine Freundschaft mit Landsmann Paul McGinley.
Team USA hat den Heimvorteil und verfügt zudem über mehr Erfahrung im Team, die jedoch weitestgehend von negativen Erinnerungen geprägt ist. Europa hingegen konnte schon oft beweisen, dass viele Rookies kein Nachteil sein müssen. Wie auch immer sich der Ryder Cup entwickelt, wir hoffen vor allem auf ein ähnliches Spektakel wie 2012!
Voraussichtliche Sendezeiten (SKY Sport):
30. September & 01. Oktober – Ab 14.00 bis ca. 0.00 Uhr (Foursomes & Fourballs)
02. Oktober – Ab 18.30 bis ca. 0.30 (Singles)
So wird gespielt!
Das Regelwerk für Ryder Cup-Einsteiger
Ryder Cup-Einsteiger erhalten hier einen Überblick über die Besonderheiten:
Teambuilding: Jedes Team besteht aus zwölf Spielern, einem Kapitän und einer beliebigen Anzahl von Vize-Kapitänen. Europas Kapitän Darren Clarke kann drei Wild Cards vergeben, Davis Love will vier Einladung verteilen.
Matchmaking: Die Team-Kapitäne legen jeweils geheim die Reihenfolge fest, in der ihre Spieler starten sollen. So ergeben sich die Kombinationen der Matches. Über die Anzahl der Einsätze in den Fourball- und Foursome-Sessions entscheidet der Kapitän. Am Sonntag spielen alle Spieler.
Ablauf: Am Freitag und Samstag werden am Vormittag vier Foursomes und am Nachmittag vier Fourballs gespielt. Am Sonntag stehen zwölf Matchplay-Begegnungen auf dem Programm. Insgesamt werden 28 Punkte vergeben, die auch geteilt werden können.
Spielmodus: Lochwettspiel – wer auf einer Bahn das niedrigste Ergebnis spielt, gewinnt das Loch und geht bspw. 1Up.
Foursome: Matchplay Zwei gegen Zwei – die Spieler eines Teams schlagen abwechselnd den selben Ball.
Fourball: Matchplay Zwei gegen Zwei – alle Spieler schlagen einen eigenen Ball. Das beste Ergebnis gewinnt.
Matchplay: Spiel Mann gegen Mann.
Punktevergabe: Für einen Sieg gibt es einen Punkt, für ein Unentschieden einen halben Zähler. Es gewinnt das Team, welches zuerst 14,5 Punkte gewinnt. Europa als Titelverteidiger hat den Ryder Cup bei einem Unentschieden 14 zu 14 verteidigt.