Dass wir uns mitten in einem Klimawandel, oder konkreter gesagt in einer Klimaerwärmung befinden, ist unumstritten. Auch in dem Punkt, dass die derzeitige Erwärmung vom menschlichen Handeln beschleunigt wird, ist sich die weltweite Wissenschaft einig und wird nur noch von einer Handvoll Verschwörungstheoretikern geleugnet. Uneinig ist man sich lediglich darüber, ob es noch fünf vor oder bereits schon fünf nach zwölf ist. Tatsächlich befinden wir uns aktuell am Ende einer Eiszeit, eine gewisse Erderwärmung ist entsprechend „natürlichen“ Ursprungs. Problematisch jedoch ist, dass durch den handgemachten rasanten Anstieg der Temperaturen in den letzten Jahren viele Organismen mit der Anpassung an die Erwärmung nicht hinterherkommen.

Wir Greenkeeper dagegen sind anpassungsfähig. Und unser Golfplatz ist das durch unser Zutun und Knowhow größtenteils auch. Allerdings zeigt uns Mutter Natur auch gerne mal unsere Grenzen auf. Wir alle erinnern uns (nur ungern) an das „braune“ Semirough durch die extreme Trockenheit im letzten Jahr. Dieses Szenario wird allerdings laut den wissenschaftlichen Prognosen leider keine Ausnahme bleiben. Die Wetterextreme werden in den nächsten Jahr(zehnt)en zunehmen, und damit auch die Herausforderungen an uns und unseren Golfplatz. Vor allem der Wasserhaushalt fordert nicht nur all unser Wissen, um den Nährstoffbedarf und die Wachstumsprozesse in der Graspflanze, sondern auch einiges an Fingerspitzengefühl. Bereits jetzt im Frühjahr sind mögliche Trockenperioden im Sommer bei der Beregnung der Pflanzen zu berücksichtigen.

Aktuell zum Beispiel wächst nach oben noch nicht so viel. Die Wurzeln dagegen sind bereits dabei, sich für die anstehende Wachstumsperiode im Boden zu etablieren. Gibt man ihnen jetzt zu viel künstlich zugesetztes Wasser, haben sie keine Notwendigkeit nach unten zu wachsen und verharren in den oberen paar Zentimetern. Kommt dann eine Trockenperiode, tut sich die Pflanze viel schwerer an das in den unteren Schichten etwas länger vorhandene Wasser zu kommen. Spätestens hier beginnt bei der Beregnung die Gradwanderung zwischen Wachstumsanschub und Verwöhnung.

 

Auch das natürliche Regenverhalten hat sich in den letzten Jahren bereits geändert und wird sich in dieser Art wohl etablieren. Die gesamte Niederschlagsmenge pro Jahr auf eine gewisse Region bezogen wird sich nicht verändern, jedoch aber die zeitliche und örtliche Verteilung. Ausgedehnte Landregen sind schon jetzt eher die Ausnahme. Lange Trockenperioden und lokal begrenzte Starkregenereignisse sind die Wetterverhältnisse, auf die es sich einzustellen gilt. Vereinfacht lässt sich dieses Phänomen so erklären: je mehr sich die Atmosphäre erwärmt, desto mehr Feuchtigkeit und Energie kann sie speichern. Es dauert also länger bis sie komplett gefüllt ist (=> Trockenperiode) und sich wieder entlädt. Und folglich fällt auch das Entladen umso heftiger aus, da hierbei ja mehr Energie und Feuchtigkeit zur Verfügung stehen (=> Starkregen und energische Gewitter). Für den Standort unseres Golfplatzes heißt das konkret, wir werden voraussichtlich eher weniger Niederschlag abbekommen. Viele potentiell wasserbringende Wolken blieben in jüngerer Vergangenheit schon oft bereits im Spessart hängen und entluden sich dort. Oder sie zogen, wenn sie hoch genug waren, um über das besagte Mittelgebirge zu kommen, ereignislos über uns hinweg und erfreuten zum Beispiel den Steigerwald mit ihrem kostbaren Nass. Dem müssen wir mit einer optimierten Beregnungspolitik entgegensteuern.

Die Flora und Fauna auf unserem Golfplatz wird sich durch die Klimaerwärmung ebenfalls verändern. Wie schnell das geht und welche konkreten Auswirkungen das mit sich bringt, wird sich erst noch zeigen. Im Weinbau zum Beispiel werden in Franken mittlerweile Rebsorten angepflanzt, die man vor 15 Jahren ausschließlich in südlicheren und wärmeren Ländern vorfand. Und in der Greenkeeper-Ausbildung kommt man auch nicht mehr um den Begriff der sogenannten „Warm Season Gräser“ herum. Das sind Grasarten, die sehr viel Wärme benötigen um „grün“ zu bleiben und kommen in der Regel zwischen dem Breitengrad 35° nördlich und 30° südlich vor. Damit diese bei uns Einzug halten könnten, müsste sich das Klima schon sehr drastisch erwärmen. Jedoch wandert die Grenze eines bewussten und sinnvollen Einsatzes solcher Gräser auf dem Golfplatz immer weiter in die kühleren Regionen.

So bleibt zu hoffen, dass wir bezogen auf die derzeitige klimatische Entwicklung möglichst viele „Ausnahmejahre“ mit relativ kurzen Trockenperioden und ausgeglichenen Niederschlägen bekommen. Und sollten sich im Sommer wieder einmal braune Stellen auf dem Golfplatz ausbreiten, darf man nie vergessen, wir Greenkeeper haben zwar viele Mittel und Wege, eine möglichst perfekte Sportstätte zu schaffen, Mutter Natur sitzt jedoch immer am längeren Hebel.

In diesem Sinne, allzeit gutes Spiel!

Eure Greenkeeper