In einem Artikel vom Britta Baxmann (DGV Golfregularien und DGV-Platzreife) erklärt die Mitarbeiterin des Deutschen Golfverbands neuen und interessierten Clubgolfer das reformierte Handicap-System in Deutschland

Wie kommt ein Golfer zum Handicap?

Mit dem seit Anfang des Jahres geltenden EGA-Vorgabensystem hat es Änderungen bei der „erstmaligen Erlangung“ und der „Wiederzuerkennung“ einer EGA-Vorgabe gegeben. Während diese Änderung bereits für Anfänger eine bessere Genauigkeit ihrer Handicaps bedeutet, wird für Wiedereinsteiger in den Golfsport das Verfahren zur Wiederzuerkennung eines Handicaps deutlich verkürzt.

 Das „erstmalige Erlangen“ bezieht sich auf Anfänger, die gerade erst ihre Platzreife erzielt haben. Bis zum letzten Jahr ist es üblich gewesen, diesen Spielern auch dann eine Clubvorgabe 54 in ihr Stammblatt einzutragen, obwohl sie noch lange nicht dazu in der Lage gewesen sind, das für das Handicap 54 nötige Spielpotenzial zu erreichen. So reicht es zum Bestehen der standardisierten DGV-Platzreife aus, auf den besten sechs von insgesamt neun gespielten Löchern, zwölf Stableford-Nettopunkte zu erzielen. Der Anfänger hat die praktische Prüfung also auch dann bestanden, wenn er die drei weiteren Löcher streichen musste. Für das Handicap 54 sind je- doch insgesamt 18 Punkte (auf neun gespielten Löchern) notwendig. Er- zielt ein Anfänger bereits in seiner Platzreife-Prüfung auf neun Löchern 18 oder mehr Punkte, so hat er sich damit das entsprechende Handicap (54 oder besser) erspielt. Bis Anfänger diese Punktzahl erreichen, wer- den Platzreife-Absolventen mit dem Eintrag „PR“ in der Handicap-Spalte ihres Vorgabenstammblatts und auf dem DGV-Ausweis geführt. Danach haben Spieler drei Möglichkeiten, sich ihr erstes Handicap zu erspielen:

  1. Wettspielteilnahme: Es ist immer eine Entscheidung der Spielleitung, welche Spieler an einem Turnier teilnehmen dürfen und
so können auch Spielern mit dem „PR“-Eintrag zur Teilnahme an bestimmten oder allen Turnieren einer Golfanlage zugelassen wer- den. Die Wertung von Platzreife-Spielern erfolgt dabei auf Basis von Vorgabe 54.
  2. EDS-Runde: Auch der Platzreife-Absolvent hat die Möglichkeit, sein erstes Handicap durch eine EDS-Runde zu erzielen. Während EDS-Runden zwar generell auf allen dem DGV angeschlossenen Plätzen gespielt werden dürfen, gilt für die erstmalige Erlangung eines Handicaps, dass der Vorgabenausschuss des Heimatclubs der Wahl des Platzes zustimmen muss und diesen auch ohne Angabe von Gründen ablehnen kann.
  3. Vorgabenwirksame Runde nach Maßgabe des Vorgabenausschusses: Nur zur erstmaligen Erlangung einer EGA-Vorgabe kann ein Vorgabenausschuss es den eigenen Mitgliedern auch ermöglichen, sich eine erste EGA-Vorgabe durch eine von Wettspielen oder EDS-Runden abweichende vorgabenwirksame Runde zu erspielen. Voraussetzung hierfür sind vorgabenwirksame Bedingungen des Platzes sowie die Genehmigung der Runde und des Zählers durch den Vorgabenausschuss.

Gerade diese Option bietet Golfanlagen die Möglichkeit, Anfängern den Einstieg in den Golfsport stressfrei zu gestalten: Das An- gebot von regelmäßigen „Anfänger-Runden“, in denen Spieler zunächst die Platzreife erlangen können und an denen sie danach so lange teilnehmen können, bis sie ein erstes Handicap erzielt haben. So können schon Einsteiger im geschützten Rahmen regelmäßig auf dem Platz spielen, entspannt Erfahrung sammeln und bei guten Ergebnissen zu- nächst die Platzreife und danach das Handicap erspielen. Je häufiger ein Anfänger die Möglichkeit hat, auf diese Weise eine Runde zu spielen, desto geringer wird der Prüfungsdruck. Zudem kann er so schon als Anfänger genau das tun, wozu er später die Platz- reife benötigt: Golf spielen!

Diese drei Möglichkeiten stehen allen Spielern unbegrenzt zur Verfügung, bis sie sich eine erste EGA-Vorgabe erspielt haben. Ist dies einmal erreicht, so kann das Handicap nur noch durch die Teilnahme an vorgabenwirksamen Turnieren oder EDS-Runden weiter heruntergespielt werden.

Wiederzuerkennung
einer EGA-Vorgabe (innerhalb von einem Jahr)

Mit Beendigung der Vorgabenführung durch den Heimatclub, zum Beispiel bei Austritt aus dem Club oder Wechsel in eine passive Mitgliedschaft, erlischt das Handicap eines Spielers. Bei Wiedereinstieg des Spielers in den Golfsport innerhalb eines Jahres, kann das bisherige Vorgabenstammblatt elektronisch über das DGV-Intranet in den neuen Golfclub übertragen und weitergeführt werden. Der neue Heimatclub des Spielers benötigt dazu die Daten, die der Spieler auf seinem letzten DGV-Ausweis erhalten hat.

Wiederzuerkennung
einer EGA-Vorgabe
(nach mehr als einem Jahr)

Da das Handicap eines Spielers Aus- druck seines Spielpotenzials ist und genaugenommen ausschließlich dem Zweck dient, Nettoergebnisse mehrerer Spieler miteinander ins Verhältnis zu setzen, muss nach einer länger als einem Jahr dauernden Unterbrechung der Vorgabenführung zunächst die dann aktuelle Spielstärke ermittelt werden. Hat ein Spieler zwischenzeitlich gar nicht gespielt oder trainiert, so wird er den einen oder anderen Schlag mehr für seine Runde benötigen. Nicht selten trainieren Spieler jedoch auch auf öffentlichen Plätzen oder während Auslandsaufenthalten weiter, ohne in der Zeit eine Handicap-Führung zu haben. In diesem Fall könnten sie ihr Spielpotenzial deutlich gesteigert haben und würden bei ungeprüfter Übernahme eines veralteten Handicaps in Turnieren Nettopreise gewinnen, die eigentlich anderen Wettspielteilnehmern zustehen.

Um den Wiedereinstieg in den Golfsport zu erleichtern, ist seit An- fang des Jahres 2016 im EGA-Vorgabensystem geregelt, dass der Vorgabenausschuss des Heimatclubs dem Spieler eine neue Vorgabe nach nur einer gespielten Runde zuerkennt. Wie bei der erstmaligen Erlangung einer Vorgabe, kann der Vorgabenausschuss dem Spieler dazu alle drei oben genannten Optionen (vorgaben- wirksames Turnier, EDS, mit Vorgabenausschuss vereinbarte Runde unter vorgabenwirksamen Bedingungen) ermöglichen. Bei Teilnahme an einem vorgabenwirksamen Turnier würde der Spieler außer Konkurrenz um Nettopreise starten. Für Bruttopreise oder eventuelle Sonderwertungen wie „Longest Drive“ wird kein Handicap berücksichtigt, so dass hier auch ein Spieler ohne bestätigte Vorgabe teilnehmen kann. Um die passende EGA-Vorgabe zu ermitteln, wird sie für die zu spielende Runde zunächst geschätzt. Neben den erzielten Stableford-Nettopunkten sollten für die Festsetzung der neuen EGA-Vorgabe auch alle anderen verfügbaren Informationen des Spielers berücksichtigt werden:

Letztes Handicap vor Beendigung der Vorgabenführung

Aktualität des letzten Handicaps Dauer der Zeit ohne Vorgabenführung
Ggf. Information des Spielers über den Grund für die Zeit ohne Vorgabenführung
Bedingungen, unter denen das eine aktuelle Ergebnis er zielt wurde: Gab es besondere Witterungs- oder Platzbedingungen? Hat der Spieler zuvor wieder geübt oder ist es tatsächlich die erste Runde nach längerer Pause gewesen?

Es muss auch bedacht werden, dass ein Spieler mit einem passenden Handicap nur in wenigen, besonders guten Runden dazu in der Lage ist, 36 Stableford-Nettopunkte zu erreichen. Statistisch ermittelt wurden die in Tabelle 1 aufgeführten durchschnittlichen Ergebnisse. Details zu den Verfahren finden Sie im EGA-Vorgabensystem in den Ziffern 3.11 „Erstmaliges Erlangen einer EGA-Vorgabe“ und 3.14 „Wiederzuerkennung einer EGA-Vorgabe“. Hilfreiche Beispiele für die Praxis sind zudem im Spiel- und Wettspielhand- buch im Kapitel über die Aufgaben des Vorgabenausschusses (ab Seite 100) enthalten.

Quelle: Golfmanager 01-2016